Burgfestspiele Bad Vilbel – Stiefkind des Landes Hessen?

27.07.2015

29.07.2015 – Hahn: Diese Ungerechtigkeiten müssen nun wirklich aufhören!

Bad Vilbel – Die Burgfestspiele in Bad Vilbel sind bei der Bezuschussungspraxis des Landes Hessen für die sechs vom Land Hessen geförderten Festspiele Schlusslicht. Wie der heimische FDP-Landtagsabgeordnete und ehemalige hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn vom hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst Boris Rhein (CDU) erfuhr, sind in den drei Jahren 2013 bis 2015 an die Stadt Bad Vilbel insgesamt „gerade einmal 24.000,00 € gezahlt worden.“ Ähnlich wenig hat das Land Hessen für die Wetzlarer Festspiele (27.000,00 €) und die Brüder Grimm Festspiele Hanau (37.500,00 €).

Immerhin 228.000,00 € erhalten die internationalen Mai-Festspiele in Wiesbaden in den Jahren 2013 – 2015. Spitzenreiter sei aber, „uneinholbar und wirklich nicht mehr nachvollziehbar“ Bad Hersfeld. Für die Hersfelder Opernfestspiele habe das Land jährlich 160.000,00 € also insgesamt 480.000,00 € gezahlt. Die Hersfelder Festspiele hätten in den Jahren 2013 und 2014 je 277.000,00 € erhalten, um in diesem Jahr 2015 zusätzlich noch weitere 300.000,00 € zu bekommen. 1,131 Mio. € in drei Jahren für die Hersfelder Festspiele, diese Zahl mache einen Bad Vilbeler Bürger „traurig, nachdenklich und stutzig.“

Hahn hatte ein Interview mit der neuen Festspielleitung in Bad Hersfeld zur Grundlage seiner Kleinen Anfrage genommen. Darin wurde unter anderem behauptet, dass mit der Zahlung von zusätzlich 300.000,00 € das Land ein tolles Bekenntnis zum Festspielstandort Bad Hersfeld abgegeben habe. „Ich habe den CDU-Minister Rhein gefragt, was die Stadt Bad Vilbel tun könne, damit sie bei einem künftig ähnlich hohen Landeszuschuss sagen könne, das sei ein tolles Bekenntnis zum Festspielstandort Bad Vilbel? Und geantwortet hat mir der Minister: „Bad Vilbel ist ein sehr erfolgreicher Festspielstandort. Dieser Erfolg wird sicher durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Bad Vilbel auch zukünftig fortgesetzt!“

Dies sei, so der FDP-Ortsvorsitzende Hahn weiter, natürlich ein besonderes Lob! „In meinen Augen ist es aber auch vergiftet, da die auch künstlerisch sehr wertvollen Leistungen in Bad Vilbel ausschließlich von den Kunden, den Sponsoren, aber natürlich insbesondere von den Bad Vilbelern Steuerzahlern getragen würden.“

Hahn hatte darüber hinaus abgefragt, wie die Zuschauerzahlen gewesen seien. Im Jahre 2013 seien Hersfelder Festspiele von 84.542 Gästen besucht worden. Für die Hersfelder Opernfestspiele würden keine Zahlen vorliegen, die Wetzlarer Festspiele seien von 14.256 und die Brüder Grimm Festspiele Hanau von 73.067 sowie die internationalen Maifestspiele in Wiesbaden von 19.020 Personen besucht worden. Auch hier liege die Stadt Bad Vilbel an der positiven Spitze, 92.710 Personen waren in 2013 in der Burgruine zu Gast, in den Jahren danach noch mehr.

Abschließend fordert deshalb Hahn die hessische Landesregierung auf, die Bezuschussungspraxis generell im Lande Hessen zu überdenken. Nach Rücksprache mit dem Intendanten der Bad Vilbeler Festspiele, Claus Günther Kunzmann, habe er erfahren, dass andere Bundesländer wie z. B. Baden-Württemberg eine viel gezieltere und intensivere Förderung vornehmen würden. “Ich würde aber auch einmal gerne wissen, warum 1,1 Mio. € nach Bad Hersfeld, aber gerade einmal 24.000,00 € nur nach Bad Vilbel kommen“, schließt Hahn.

Beiliegend die entsprechende Antwort der Landesregierung in vollem Wortlaut:

 Wappen

Kleine Anfragedes Abg. Dr. h.c. Hahn (FDP) vom 26.05.2015

betreffend Burgfestspiele

und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst

Vorbemerkung des Fragestellers:

In der HNA vom 22.5. war zu lesen, dass das Land Hessen für diese Spielsaison neben den schon zugesagten 277.000 € noch weitere 300.000 € Zuschuss der Stadt Bad Hersfeld für die dortigen Festspiele in 2015 zu­gesagt habe. Begründet wurde dieses im Bericht mit der Bemerkung, die Stadt habe sich in gleicher Höhe engagiert. Diese Entscheidung soll nicht weiter hinterfragt werden, sondern es sollen die Auswirkungen auf andere Festspielstädte, und insbesondere Bad Vilbel, in Erfahrung gebracht werden.

 Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst:

Das Land Hessen verfügt über eine vielfältige Festivallandschaft unterschiedlicher künstlerischer Sparten (z.B. Theater, Musik, Kleinkunst, Literatur), die insbesondere in den Sommermonaten das kulturelle Leben in den hessischen Städten und Gemeinden bereichert. Unter den unterschiedlichen Formaten bieten Festspiele nach ihrer Begrifflichkeit den Besucherinnen und Besuchern (professionelles) Schauspiel und/oder Musiktheater.

 Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1.    Mit welchen konkreten Zahlungen unterstützt das Land Hessen in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 die jeweiligen Festspiele in den hessischen Städten und Gemeinden ?

Das Land Hessen fördert die Festspiele in den hessischen Städten und Gemeinden wie folgt:

Förderung in €

2013

2014

2015

Hersfelder Festspiele

277.000

277.000

577.000

Hersfelder Opernfestspiele

160.000

160.000

160.000

Wetzlarer Festspiele

9.000

9.000

9.000

Brüder-Grimm-Festspiele Hanau

12.500

12.500

12.500

Burgfestspiele Bad Vilbel

7.000

7.000

10.000

Internationale Maifestspiele Wiesbaden

76.000

76.000

76.000

 Über die Höhe der Fördermittel für 2016 kann erst nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes durch den Hessischen Landtag Auskunft gegeben werden.

 Frage 2.    Welche konkreten Kriterien werden bei der Vergabe der Landesmittel angelegt?

Die Vergabe der Landesmittel erfolgt unter den Vorgaben der Landeshaushaltsordnung. Eine Landesförderung wird nur in der Höhe ausgereicht, die nach Einsatz aller vorhandenen Eigenmittel und Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten zur Durchführung der Festspiele unbedingt erforderlich erscheint und soweit der Haushaltsgesetzgeber für diesen Zweck Mittel zur Verfügung gestellt hat.

Bei der fachlichen Bewertung des angegebenen Fehlbedarfs werden die künstlerische Qualität und die Größe des Ensembles, die Zahl der Inszenierungen und Aufführungen sowie die technisch-materiellen Voraussetzungen (Größe des Zuschauerraumes, Kosten der technischen Einrichtung und Ausstattung, notwendige Marketing-Kosten etc.) sowie die zu erwartenden Zuschauerzahlen und die zu erzielenden Erlöse (Eigeneinnahmeerwartung) untersucht. Auch werden die Eigenleistungen der Träger/Veranstalter auf deren Leistungsfähigkeit hin untersucht.

Frage 3.    Ist der Landesregierung bekannt, dass den größten Publikumszuspruch in Hessen die Burgfestspiele Bad Vilbel haben (über 100.000 in 2014 / über 95.000 in 2013)?

Wie sind die Zuschauerzahlen der zehn wichtigsten Festspiele in Hessen?

Kunst entzieht sich einer objektiven Bewertung; auch aus dem Grad des Publikumszuspruchs kann nicht auf die künstlerische Qualität einer Veranstaltung geschlossen werden. Die Landesregierung vermag deshalb nicht darüber zu entscheiden, welche hessischen Festspiele im Sinne des Fragestellers als wichtig einzustufen sind. Die Zuschauerzahlen sind bekannt, soweit die jeweiligen Festspiele eine Landesförderung erhalten oder in der Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins, dem Bundesverband der öffentlichen und privaten Träger der Theater, genannt sind:

 

Zuschauerzahlen 2013

Hersfelder Festspiele

84.542

Hersfelder Opernfestspiele

liegen nicht vor

Wetzlarer Festspiele

14.256

Brüder-Grimm-Festspiele Hanau

73.067

Burgfestspiele Bad Vilbel

92.710

Internationale Maifestspiele Wiesbaden

19.020

Die Zuschauerzahlen für das Jahr 2014 liegen noch nicht vor.

Selbstverständlich spielt die geografische Lage z.B. bei der Beurteilung der Einnahmeerwartungen eine nicht zu unterschätzende Rolle. So können metropolennahe Festspiele sehr viel leichter ein großes und zahlungskräftiges Publikum aus der nahen Umgebung akquirieren als solche im ländlichen Raum. Diese müssen ein künstlerisch so anspruchsvolles Programm aufbieten, um mit wohnortnäheren Angeboten konkurrieren zu können und Besucherinnen und Besucher auch über große Entfernungen und lange Anfahrtswege hin anzuziehen. Auch die Bedeutung eines attraktiven Festspielortes ist dabei nicht zu unterschätzen.

Daneben spielen auch die Tradition einer Veranstaltung, ihr Beitrag zur Wahrnehmung des Landes als bedeutender Kulturstandort und das finanzielle Engagement insbesondere des Bundes oder der EU eine Rolle.

Frage 4.    Beurteilt die Landesregierung bei der Bezuschussung der Programme das künstlerische Programm, sodass die Aussage des kaufmännischen Festspielleiters in Bad Hersfeld, bestätigt würde, dass die Landesregierung ein ‚tolles Bekenntnis zum Wedel-Konzept‘ mit der Verdoppelung des Zuschusses abgegeben habe?

 Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen.

 Frage 5.    Ist der Landesregierung bekannt, dass die Burgfestspiele in Bad Vilbel ein umfangreiches Programm auch für Kinder und Jugendliche anbietet, auch gemeinsam mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und eine Kooperation mit der HFG für die kommende Saison plant?

 Ja.

 Frage 6.    Beachtet die Landesregierung bei der Vergabe von Steuergeldern auch, dass andere wie z.B. der Bund Steuergelder für ein und dieselbe Festspielreihe vergibt?

 Die Antragsteller müssen mit dem Förderantrag die beabsichtigte Finanzierung einschließlich anderer Förderer darlegen. Eine gemeinsame Förderung mehrerer Zuwendungsgebers ist nicht nur üblich, sondern auch geeignet, die Bedeutung eines Projekts für das kulturelle Leben einer Stadt oder Region zu verdeutlichen. Abhängig vom jeweiligen Förderprogramm erwartet insbesondere der Bund als Voraussetzung seiner Förderung ein entsprechendes Engagement des Landes, in dem das Projekt stattfindet.

 Frage 7.    Werden auch haushaltsrechtliche Dinge wir Schutzschirm Kommune oder nicht genehmigter Haushalt berücksichtigt?

Die Antragsteller müssen mit dem Förderantrag die beabsichtigte Finanzierung und bestehende Risiken darlegen. Bisher hat sich noch kein Antragsteller auf die genannten Finanzierungs­risiken berufen.

Frage 8.    Was kann die Stadt Bad Vilbel tun, damit sie bei einem künftig ähnlich hohen Landeszuschuss sagen kann, das sei ein ‚tolles Bekenntnis zum Festspielstandort Bad Vilbel‘ (siehe „HNA“)?

 Bad Vilbel ist ein sehr erfolgreicher Festspielstandort. Dieser Erfolg wird sicher durch geeignete Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Bad Vilbel auch zukünftig fortgesetzt.

Wiesbaden, 7. Juli 2015
Boris Rhein

Mit freundlichen Grüßen
Jörg-Uwe Hahn